Paternoster Investigations

Quellenbuch für Doctor Who RPG


Das vorliegende Buch kam für viele Spieler etwas überraschend. Die drei Companions Madame Vastra, Jenny Flint und Commander Strax aus der viktorianischen Zeit haben sich allerdings bei Doctor-Who-Fans als phänomenal beliebt erwiesen - genug, damit eine Zeitlang die Idee einer Spin-off-Fernsehserie kursierte, dann aber leider doch nicht in Angriff genommen wurde.


Das Buch widmet sich zunächst einem allgemeinen Abriss der Epoche, gefolgt von einer Vorstellung wichtiger Persönlichkeiten, die, kaum überraschend, etwas britannozentrisch ausfällt, auch wenn besonders relevante Ausländer (die französischen impressionistischen Maler sind gerade auch in London der letzte Schrei, und Wissenschaftler wie Pasteur und Mendel tauchen zudem auf) nicht ganz übersehen werden. Das Plateau wird dann um die fantastischen Elemente des Doctor-Who-Universums in jener Zeit erweitert, inklusive eins Überblicks über die viktorianischen Abenteuer des Doktors, auch solche, die nur thematisch der Epoche zugeordnet werden können.


Die Bezugsepoche dieses Quellenbandes sind die 1890er Jahre, das Jahrzehnt von Jack the Ripper, Dracula und der Time Machine. Das London jener Zeit wird kurz vorgestellt, inklusive eines Hinweises, dass wir nicht mehr in einer Welt der Dampfmaschinen und des Gaslichts allein leben. In diesem Jahrzehnt breitet sich der elektrische Strom aus, begleitet von einem Telefonnetz und den epidemisch um sich greifenden Kraftwagen. Eine halbseitige Karte von London hätte meinetwegen auch ganzseitig ausfallen dürfen.


Weiter geht's mit Regelsubstanz. Ein Schwung in die Zeit passender Charaktere und Kreaturen aus der Serie wird vorgestellt, dann geht es zur Charaktererschaffung über. Die Grundannahme des Quellenbandes lautet, dass man für eine solche Kampagne Charaktere benutzt, die im London der 1890er fest ansässig sind oder werden, auch wenn sie (wie Madame Vastra) aus anderen Epochen oder (wie Commander Strax) von einem anderen Planeten stammen. Archetypen aus den typischen gesellschaftlichen Klassen werden kurz umrissen, gefolgt von Tipps zu Aliens und von neuen Traits sowie Tipps, welche schon vorhandenen Traits des Spiels für PI-Charaktere besonders interessant sind.


Geräte und Gizmos werden vorgestellt, und Hilfestellungen zu Abenteuern und Kampagnen und ein komplettes Abenteuer runden das Buch ab.


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Galactic Concord

SF-Roleplaying-Setting

using the Cortex Game Engine

Copyright: Margaret Weis Productions, Ltd., 2008


Etliche Jahrhunderte in der Zukunft bilden mehrere Völker, die sich intern weitgehend um die eigenen Angelegenheiten kümmern, zur Schlichtung nach innen und zum Schutz nach außen den Galaktischen Konkord. Neben einem diplomatischen Dienst und einem System von Schiedsgerichten unterhält der Konkord das so genannte "Guardians Corps", eine Mischung aus Scoutdienst, Katastrophenhilfe, Forschungsinstitut und Paramilitär. Die Guardians unterhalten überall im Raum des Konkord Außenposten, von denen aus sie den Weltraum überwachen, neue Planeten erkunden, Hilfseinsätze ausführen und im Falle äußerer Bedrohungen Erkundungs- und erste Abwehreinsätze betreiben, ehe das reguläre Militär eines oder mehrerer Mitgliedsvölker in Aktion tritt.


Die Völker des Konkord sind:

Erdenmenschen

Skrell

Reptilier (sie haben auch eine Selbstbezeichnung, die niemand sonst aussprechen kann)

Kyudra

Starhawks


Die Erdenmenschen brauchen keine große Erklärung. Sind wir ja alle selbst. Hoher Militarismusquotient.


Die Skrell sind etwa einen Meter große, aufrecht gehende pelzige Frettchenhamster mit buschigem Schweif. Menschen finden sie quietschsüß und möchten sie gern knuddeln, was die Skrell auf den Tod nicht ausstehen können. Noch höherer Militarismusquotient.


Die Reptilier sind menschengroße schuppige Humanoide (ohne Schweif!), relativ robust und sehr flink. Keinerlei Militarismusquotient. Wehren sich ihrer schuppigen Haut, aber haben noch nie in der Geschichte einen Interventionskrieg geführt.


Die Kyudra sind nahezu menschenähnlich, aber völlig haarlos, mit unter Beleuchtung leicht irisierender Haut, die wie aus winzigen Schuppen zusammengesetzt wirkt, was sich bei mikroskopischer Untersuchung dann als Trugschluss erweist. Ihre Physiologie und Neurologie ist nach Jahrhunderten der biotechnischen Selbstgestaltung für Menschen nur schwer deutbar. Obwohl sie äußerlich fast menschengleich sind, benötigt ein Konkord-Mediziner für die Kyudra-Approbation ebenso ein eigenes Studium wie für Menschen, Skrell und Reptilier. Ein Zufall im Biodesign hat dazu geführt, dass Kyudra besonders geeignete Neuronauten sind. Geringer Militarismusquotient.


Die Starhawks sind lebende Raumschiffe. Als Lebensform haben sie sich in der Atmosphäre eines Gasriesen entwickelt. Die Energie für Stoffwechsel und Antrieb beziehen sie aus Sternenlicht und aus dem Aufsaugen von Wasserstoff durch ihre biologischen Ram-Scoops. Die Starhawks lieben es, im Weltraum zu fliegen, beherrschen aber von Natur aus nur die Navigation entlang der Schwerkraftlinien ihres Heimatsystems. Kyudra-Wissenschaftler fanden heraus, dass Angehörige ihres Volkes mit den Starhawks eine biokybernetische Verbindung eingehen und ihnen somit den Stellarflug und die interstellare Navigation ermöglichen können. Die Starhawks sind die entsprechende Symbiose mit Begeisterung eingegangen. Nachdem ein junger Starhawk ausgewachsen ist, lässt er sich auf einer Konkord-Station in seinem Heimatsystem mit einer neuronautischen Steuerungsanlage und mit Konkord-Waffensystemen aufrüsten und geht über einen Konnex-Flug die lebenslange Verbindung mit seiner oder ihrer Neuronautin ein (fast immer eine Kyudra-Frau, egal ob der Starhawk männlich oder weiblich ist). Sobald die Neuronautin eingestöpselt ist, können sie und der Hawk mit einer Geschwindigkeit an der Grenze zwischen Normalraum und Subraum entlangsurfen, der kein "Deadtech"-Raumschiff gewachsen ist.


"Deadtech"-Raumschiffe können, wenn sie einen kybernetisch eingestöpselten Riggerpiloten haben, dem "Dimensionssog" eines überlichtschnell fliegenden Starhawks folgen. Die Guardians benutzen dieses Prinzip bei interstellaren Einsätzen, denn die Ladekapazität eines Starhawks ist gering, sodass jedes Team auch mindestens einen Deadtech-Transporter unterhält, einen "Long Hauler".


Guardians-Außenposten 15/10


Außenposten 10 in Sektor 15 liegt am äußersten Rand des Konkord-Siedlungsgebiets auf einem Asteroiden in einem sonst unbelebten Sonnensystem.


Stützpunktleiterin: Helen Ivancic, female Human, kleinwüchsig


Diplomatische Repräsentanz: Inaira Vasquez, female Human


Pilotin des Starhawks "Liira": Owadira Kendon, female Kyudra, Neuronautin


Space Marine: Rocket, male Skrell (Heavy Infantry)


Space Marine: Jerome Terreblanche, male Human (Mechanised Infantry), Pilot des "Sledgehammer" Battle Mech.


Chef-Medikerin: Yoriko Takashi, female Human


Hilfs-Mediker: Nurse Garnavon Silarion, male Kyudra


Pilot des Assault Landing Craft ALC "Indomitable": Ricardo Gomez, male Human, Pilot-Rigger


Pilot des Long Haulers "Endurance": Ruguar Trokk, male Reptilian, Pilot-Rigger


Stützpunkt-Techniker: Sayyid al-Malik, male Human, das Universalgenie für Meiler, Generatoren, Triebwerke und Lebenserhaltungssysteme.


Assistenz-Technikerin: Lightning, female Skrell, kann ebenso viel wie Sayyid und braucht dafür weniger Platz



Example stats:


Owadira Kendon, female Kyudra, Neuronaut, Veteran


Agility d8

Strength d4

Vitality d6

Alertness d8 (+d4)

Intelligence d12

Willpower d10 (+d4)


Life Points: 16

Initiative: d8 + d8

Endurance: d6 + d10

Resistance: d6 + d6


Cyber-Enhancement d8 (+d4 Alertness, +d4 Willpower)

(contains Asset "Born Behind the Wheel" and Complication "Dead Inside")


Assets: Attuned to Technology d4

Complications: Duty (Guardians) d8


Skills: Discipline d6 (Concentration d10), Drive d6, Guns d6 (Pistols d8), Medicine d6 (Neurology d10), Perception d6 (Tactics d8, Tracking d8), Pilot d6 (Starhawk d12), Tech d6, Unarmed Combat d6


Equipment:

Aviation Helmet (4W Armor, head only)

Synthetic Space Leather Suit (2W Armor rest of body)

Energy Pistol (d8W/S)


Starhawk Liira:

Agi d8, Str d6, Vit d6, Ale d8, Int d8, Wil d6

Perception d6 (Space Sight d8), Pilot d6, Tech d6 (Biomechanical Engineering d8), Heavy Weapons d4

Ini d8 + d8, LP 12, Scale: Massive, Speed 8 (Atmo 6), Heavy Laser (2x) d12W (Massive Scale)


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Das Vortex-System:


DOCTOR WHO – ADVENTURES IN TIME AND SPACE Roleplaying Game

11th Doctor Edition

von David F. Chapman

BBC/Cubicle 7, 2012

und das

PRIMEVAL Roleplaying Game

von Gareth Ryder-Hanrahan

Impossible Pictures/Cubicle 7, 2012


Mit diesen Werken liegen Rollenspiele zu den britischen Fernsehserien "Doctor Who" und "Primeval" vor.


Beide Serien behandeln im weitesten Sinn das Thema Zeitreisen. Bei Primeval geht es "nur" um die Zeitlinie auf der Erde, während Doctor Who Reisen in den Weltraum ebenso umfasst wie Reisen durch Vergangenheit und Zukunft. Die atmosphärischen Ansätze unterscheiden sich dabei stark: Primeval bemüht sich um einen realistischen Ansatz, von der Story-Prämisse der Zeittore oder Anomalien abgesehen. Doctor Who spielt in einem Universum, in dem alles möglich scheint, in dem dramatische Ereignisse aber auch weitgehend glaubhaften Parametern folgen, was sich zum Beispiel in harten und relativ realitätsnahen Aktions- und Schadensregeln für Charaktere niederschlägt.


In dem Regelsystem haben Charaktere sechs Attribute, zwölf Fertigkeiten bei Doctor Who und dreizehn bei Primeval sowie eine ganz ordentliche Latte an Vor- und Nachteilen. Der Unterschied bei den Fertigkeiten ergibt sich durch Auslagerung des Umgangs mit Tieren in eine eigene Fertigkeit, die man bei Primeval aufgrund der einzigartigen Bedeutung dieses Aspekts vorgenommen hat (über die Evolution hinweg sind Menschen eine Ausnahmeerscheinung; Tiere gibt es seit hunderten Millionen Jahren).


Die überschaubare Liste der Fertigkeiten nötigt natürlich dazu, eine Vorstellung vom Hintergrund des Charakters zu haben und somit davon, was ein Wert in Craft, Knowledge, Science oder Technology im Einzelfall konkret bedeutet.


Sehr schön, dass die Bedienung der vermaledeiten Computer unter dem Label "Technology" firmiert, was den Vorteil hat, dass man Charakteren aus der Vergangenheit nicht eine ganze Fertigkeit streichen muss. Ein Alchemist des Mittelalters kann damit dann schlicht sein Labor bedienen oder ein Pionier der römischen Legionen seine Schanzen oder Katapulte bauen.


Darüber hinaus kann man, sobald ein Fertigkeitswert 3 oder mehr beträgt, eine Spezialisierung unter der Bezeichnung "Area of Expertise" wählen und gewinnt damit für eine entsprechende Anwendung einen Bonus in Höhe von 2.


A propos Werte: Die Skala der Attribute und Fertigkeiten beträgt bei Menschen 1 bis 6. Würfe werden wie folgt abgewickelt: man addiert ein Attribut und eine Fertigkeit, je nach Aufgabenstellung ausgewählt, und würfelt 2W6; das Würfelergebnis addiert man dann zur Summe aus Attribut und Fertigkeit. Vor- und Nachteile, die "Traits", kommen in vielen Fällen durch zusätzliche Boni oder Mali ins Spiel. Das Ergebnis vergleicht man mit der vom Spielleiter festgelegten Schwierigkeit, und je nachdem, ob man drüber oder drunter würfelt und in welcher Höhe jeweils, ergibt sich eine Erfolgs- oder Fehlschlagsvariante. Die Differenzierung der Würfelergebnisse geht somit weit über ein binäres Erfolgs-/Fehlschlagskonzept hinaus.


Eine besonders schöne Idee in Primeval sind die so genannten "Trappings" – das sind Ausrüstungslisten, die man für seine Fertigkeitenwerte enthält. Was man für diese benötigt oder einfach meistens hat (z. B. kann man erwarten, dass jemand mit Transport 3 und einer "Area of Expertise: Motorcycle" ein Motorrad in der Garage stehen hat), wird der Ausrüstungsspalte auf dem Charakterbogen gutgeschrieben.


Da langes Shopping für Primeval-Charaktere zumeist uninteressant ist, ist die Verfügbarkeit von Habseligkeiten ansonsten einfach in Abhängigkeit davon geregelt, welches Einkommensniveau der Charakter hat, was seine Vor- und Nachteile zu seinem Vermögen aussagen und wie gebräuchlich oder selten ein Produkt ist. Eine Rolle spielt auch die Ausstattung der Organisation, Institution oder Gruppe, der er angehört. Recht einfach, überschaubar und elegant.


Noch lockerer wird die Ausrüstung bei Doctor Who gehandhabt: Was der Spieler für seinen Charakter naheliegend findet, kann er beim Spielleiter beantragen, der dem im Regelfall zustimmen sollte. Ein besonderer Aspekt hingegen sind die "Gadgets" bei Doctor Who: Wer das so genannte "Boffin"-Trait hat, kann die erstaunlichsten Sachen aus den erstaunlichsten Zutaten zusammenbasteln. Dem Tenor der Serie gemäß, verzichtet das Primeval-Rollenspiel zugunsten eines "realistischeren" Verfahrens auf dieses Produkt des lockeren Handgelenks, wie es für Handlung und Atmosphäre in Abenteuern des Doktors jedoch sehr angemessen ist. Natürlich hat auch Primeval seine Gadgets und "Future Technology", aber diesbezüglich etwas zusammenzubasteln, das erfordert an Material und Zeit einen ganz anderen Aufwand als die "Jiggery-Pokery" des Doktors.


Während Primeval-Charaktere gnadenlos irdischen Zuschnitts sind, können Doctor-Who-Charaktere die erstaunlichsten Fähigkeiten haben, zumal wenn es sich um Außerirdische, Mutanten, Cybermen, Zeitlords und andere Sonderlinge handelt. Zu diesem Zwecke findet man im Doctor-Who-Rollenspiel nicht nur Good and Bad Traits, sondern auch Special Good Traits, die Fähigkeiten weit jenseits normalmenschlich/irdischen Zuschnitts eröffnen und entsprechend teuer sind.


Kampf- und Schadensregeln sind in beiden Rollenspielen naturnah-brutal. Da beide Spiele eine Storypunkt-Mechanik enthalten, mit deren Hilfe Abenteurer schon mal Einfluss auf Handlung und den Ausgang von Aktionen nehmen können – ganz zu schweigen davon, den eigenen Arsch zu retten, wenn es mal hart auf hart kommt -, sind einzelne Schnitzer durchaus ausbügelungsfähig. Arrogantes Gewalt- und Metzelspiel ist jedoch glatter Selbstmord, womit dem Tenor beider Serien auch Genüge getan wird.


Dem Stoff angemessen, unterscheiden sich die Initiative-Regeln: Hat man beim Doktor die beste Initiative, je friedlicher die eigene Herangehensweise ist (Unterhändler handeln zuerst, wer abhaut, der handelt als nächster, und wer losballert, ist ganz zum Schluss dran), so ist bei Primeval der entscheidende Punkt, ob man eine schnelle Kreatur ist (sagen wir, ein Velociraptor aus der Kreidezeit oder ein "Predator" aus der Primeval-Zukunft, vielleicht auch ein Jem-Hadar aus Star Trek Deep Space Nine), eine durchschnittliche Kreatur (wie ein Mensch, vorbehaltlich eines besonderen Vorteils und des Einsatzes von Storypunkten) oder eine langsame Kreatur wie ein Brachiosaurier oder ein Flusspferd.


Zeitreisen bilden einen Kernpunkt beider Settings und beider Spiele, werden jedoch sehr unterschiedlich gehandhabt. Eine dramaturgische Gemeinsamkeit ist, dass die Herumspielerei an der Zeit heikle Folgen für die Charaktere haben kann. Primeval-Charaktere häufen mit der Zeit "temporalen Schaden" an. Hin und wieder prüft der Spielleiter, ob das relevante Folgen hat. Solche Folgen können darin bestehen, dass sich Fixpunkte in der Umwelt der Charaktere verändern (so gibt es in der ersten Staffel von "Primeval" noch kein Anomaly Research Center; mit der Abschlussepisode der Staffel hingegen existiert dieses, schon seit Jahren) oder die Historie nicht mehr wiederzuerkennen ist oder der Spielercharakter selbst nie existiert hat. Aufgrund des Beharrungsvermögens der Zeitlinie, wie es in Primeval postuliert wird, kann jedoch ein Spieler, dessen Charakter es erwischt hat, seinen Charakterbogen mit ein paar leichten Modifikationen weiterbenutzen, muss sich aber einen anderen Namen aussuchen. In Doctor Who hingegen werden durch Paradoxien und wundgeriebene Stellen der Raum-Zeit schon mal die extradimensionalen "Reapers" angelockt, die ihre eigene Vorstellung von der Reparatur der Zeitschäden haben: alles und jeden fressen, der ihnen im Umkreis solcher Zeitphänomene in die Quere kommt.


Bausteine beider Spiele kann man aufgrund der weitgehenden Kompatibilität der Regeln bunt mischen, um einen selbstgebastelten Kampagnenhintergrund zu bedienen. Vielleicht möchte man ja so etwas wie "Torchwood" spielen; hierzu empfiehlt es sich, die Regeln für die Einbindung der Charaktere in eine Organisation aus Primeval zu nehmen und vielleicht auch die mehr action-orientierten Kampf- und Initiative-Regeln aus dem Primeval-Rollenspiel, weniger die pazifistische Konfliktabwicklung von Doctor Who. Letztere (wie auch die Gadget-Regeln) wären jedoch sinnvoll, wenn man sich die diversen Star-Trek-Serien zum Kampagnenvorbild nimmt. Für eine Adaptation von Stargate wiederum mixt man am besten die Action- und Organisationsregeln von Primeval mit den Gadget-Regeln und den Special Good Traits von Doctor Who. Na ja, die sind für Außerirdische und Mutanten immer gut, egal welcher Hintergrund.


Da Doctor-Who-Abenteuer zu jeder Zeit und an jedem Ort zwischen Urknall und was weiß ich spielen können, ist noch das "Technology Level" (TL) eines Charakters wichtig. Es entscheidet gegebenfalls über Mali, die der Charakter beim Umgang mit ihm nicht bekannter Technik erleidet. Mich dünkt, dass man dieses System für Primeval übernehmen könnte, da Charaktere dort ja auch aus verschiedenen Zeiten stammen können.


Eine zusammenfassende Bewertung: Das Vortex-System ist ein traditionelles Rollenspielkonzept mit Attributen und Fertigkeiten, ergänzt um halbwegs moderne Regelelemente wie Vor- und Nachteile und Storypunkte. Das Rad wurde hier nicht neu erfunden, aber mir gefällt das System außerordentlich gut. Es ist einsteigertauglich, bietet aber auch alten Rollenspielerhasen eine Menge, vorausgesetzt, diese haben wie ich schon bis zum Überdruss komplizierte Regelwerke gespielt und langsam die Nase voll davon, möchten vielleicht schwerpunktmäßig einfach wieder Spaß haben. Was für ein Gedanke!


Eine strukturelle Ähnlichkeit mit dem Cinematic Unisystem scheint mir augenfällig, was allerdings ein hohes Lob ist. Ich bevorzuge ansatzweise das Vortex-System gegenüber dem Unisystem, vor allem aufgrund der zeitneutralen Fertigkeitenliste.


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All Flesh Must Be Eaten

Tabletop-Rollenspiel / Classic Unisystem

Eden Studios


Das Classic Unisystem unterscheidet sich vom Cinematic Unisystem (wie in Buffy the Vampire Slayer Roleplaying, Angel Roleplaying, Ghosts of Albion) vor allem durch das umfangreiche Fertigkeitensystem, durch die Option, Schaden auszuwürfeln, statt Festwerte zu benutzen, durch das Fehlen von Dramapunkten und durch die Anwendung eines Energieattributs für übernatürliche Kräfte, die Essenz.


Die vorteilhaften Aspekte des Unisystems findet man in beiden. Der Würfelmechanismus "Attributswert + Fertigkeitswert + 1W10" erhöht die Auswirkung der Attribute und Fertigkeiten auf die Ergebnisse, die ein Abenteurer erzielt, und minimiert den Würfelzufall, was durchaus angetan ist, so etwas wie "Spielzufriedenheit" zu fördern.


ALL FLESH MUST BE EATEN ist ein dem Motiv der wandelnden Toten (Zombies) im weitesten Sinne gewidmetes Rollenspiel. Innerhalb dieses Motivraums ist die Gestaltung des Settings sehr offen. Ob die Zombies einer Kampagne schlurfende Kannibalen sind oder Wiedergänger mit einer quasireligiösen Aufgabe oder sonst etwas, das entscheidet der Spielleiter, der in AFMBE die charmante Bezeichnung "Zombie Master" trägt. Das Hardcover-Grundregelwerk von AFMBE setzt sich aus den allgemeinen Unisystem-Regeln zusammen, aus dem Zombie-Designsystem und elf verschiedenen Zombie-Settings, die historisch vom Jahr 1000 bis zur Gegenwart reichen.


Charaktere gibt es in drei Typen: "Norms" sind normale Menschen, wie der Name schon feinsinnig andeutet, und sind nicht kompatibel mit "Survivors" und "Inspired", welche beide in Spielen fantastischeren Zuschnitts ihren Platz finden, im Falle der "Inspired" unterstrichen durch ihre übernatürlichen Fähigkeiten.


Seine selbstgebastelten Zombies kann der Zombie Master nach dem Spielkonzept entwickeln, indem er den Powerwert der Zombies mit dem Charakterpunktwert der Abenteurer vergleicht. Sehr schöne Balance.


Kommen wir zu den Genre-Bänden. Diese Ergänzungsbücher zu AFMBE wenden das Konzept auf verschiedene Epochen und Genres an. In "Arrgh! Thar Be Zombies!" findet man Regeln für Piratenspiele im Zeitalter der Segelschiffe, übrigens nicht nur in der Karibik, sondern weltweit. Der Regelteil widmet sich Schiffen, ihrer Konstruktion, der Seefahrt und Seegefechten, Schwertduellen, Geisterschiffen und ihrer gespenstischen Bewaffnung, historischen Ausrüstungsgegenständen und Waffen sowie spezifischen Vorteilen, Nachteilen und Fertigkeiten, die das Genre erfordert. Für den übernatürlichen Anteil an den Regeln (für das Spiel mit "Inspired"-Charakteren) findet man ein umfangreiches System für voodoo-inspirierte Magie. Die vorgestellten Settings bieten Historisches aus Karibik und Chinesischem Meer sowie ein Fantasy-Setting auf der "Dunklen See", wo nicht nur Menschen zwischen den Inselreichen ihr Wesen und Unwesen treiben.


In All Tomorrow's Zombies wendet sich das Unisystem der Science Fiction zu. Nach Tipps zum Design von Außerirdischen kommen Fertigkeiten sowie Vor- und Nachteile von SF-Charakteren an die Reihe, gefolgt von Regeln für Cybernetics, Bioware und Nanotech und schließlich die Psikräfte. Krönung des Technikabschnitts sind die Regeln für den Bau und Einsatz von Raumschiffen sowie erweiterte Fahrzeugregeln (z. B. Interface-Steuerung und so was). Die vorgestellten Settings behandeln Stoffe wie Cyberpunk und Matrixabenteuer, "Mad Max" und Nanotechnik und bieten schließlich einen Hauch Star-Wars-Inspiration, wenn in der Galaxis die "Mystischen Ritter" von Thraxia von einer Zombieflut dahingemeuchelt werden.


Mit Fistful o'Zombies liegt das Western-Ergänzungsregelwerk zu AFMBE vor, verfasst von Shane Lacy Hensley, dem Erfinder des legendären "Deadlands – Weird West"-Rollenspiels. Wir ahnen schon, dass wir hier einige zusätzliche Fertigkeiten und Vor- und Nachteile erhalten, einen Überblick über die Geschichte des realen (amerikanischen) Westens und mehrere Deadworlds, also entsprechende Settings und Spielkonzepte, wobei die Namen der Kapitel dem Genre-Kenner alles sagen: Singing Cowboys, True Grit, Spaghetti with Meat und Dances with Zombies. Das letztgenannte Setting- und Genrekonzept stellt die Kultur der Lakota vor, denn hier bekommen es "Spieler-Indianer" mit den wieder wandelnden Toten der 7. Kavallerie zu tun. Bei den übrigen Konzepten fällt es mir schwer, zwischen True Grit und den Spagetti mit Fleisch einen Favoriten zu finden. Der einzige singende Cowboy, den man ertragen kann, ist allerdings Dean Martin in Rio Bravo, keine Frage.


Enter the Zombie behandelt ein weiteres Genre-Schmuckstück: den Hongkong-Eastern. Zunächst mal kriegt man zwei neue Charaktertypen präsentiert, den "Martial Artist" und den "Shooter", letztgenannter der in Super-SloMo horizontal durch die Luft schwebende und dabei einen Bleihagel emittierende Zwei-Pistolen-Schütze. Beide Eastern-Typen erhalten zu ihrer Martial-Arts-Skill eine Reihe schmackiger Kampfmanöver der Art, wie man sie auch aus den Buffy- und Angel-Rollenspielen kennt, sowie noch zusätzlich hoch-cinematische "Special Chi Techniques". Die Namen der Kapitel zu den vorgeschlagenen Deadworlds bringen im Genre-Kenner auch hier wieder alle Saiten zum Schwingen: Hardboiled Corpses, Once Upon A Corpse in China, Flesh Eaters in Little China und Undead Kombat.


"Because you're one of the living,

and if we can't stick together

who's gonna make it tonight?"

- Tina Turner, "One of the Living"


One of the Living, so lautet der Titel des Spielerhandbuchs für das "All Flesh Must Be Eaten"-Rollenspiel. Wie jeder Ergänzungsband enthält auch dieser zusätzliche Optionen zum Basteln von Charakteren und Zombies, dazu erweiterte Ausrüstungslisten für kreative Bastler (hier gefällt mir vor allem die Kartoffelkanone). Besondere Glanzstücke sind Handreichungen für epische Kampagnen nach dem Weltuntergang: wie sichert man sein Überleben, wie hält man Technik in Gang oder bringt sie wieder in Gang, wie können sich Stressfaktoren einer solchen Umgebung auswirken usw. Ein ausgearbeitetes Setting ist enthalten, ebenso ein wunderbarer Behördenaushang, der mit den Worten schließt: "Bewahren Sie vor allem die Ruhe. Die Behörden haben alles im Griff." Wie immer also. Don't worry, be happy.


Ein nach den AFMBE-Regeln gebastelter Zombie, meines Erachtens für Kampagnen nach dem "The Walking Dead"-Strickmuster ebenso geeignet wie nach dem "Resident Evil"-Strickmuster:


Str 2, Dex 2, Con 2, Int -2, Per 2, Wil 2

Deadpoints: 15

Endurance Points: keine

Speed: 4

Essence: 6

Skills: Brawling 2

Attack: Bite damage 4 slashing

Weak Spot: Brain

Getting Around: Life Like

Strength: Dead Joe Average

Senses: Like the Living

Sustenance: Weekly

Menu: All Flesh Must Be Eaten

Intelligence: Dumb as Dead Wood

Spreading the Love: One Bite and You're Hooked


Power: 25


Spielercharaktere:


a la "The Walking Dead": Norm(alo)s (so was von!)

Special Powers: Nada (sorry, hombre)


a la "Resident Evil": Survivors and Inspired

Special Powers: Biotech, Psionics, Martial Arts/Special Chi Techniques, Essence Channeling

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Das "Angel Roleplaying Game", Joss Whedons Kosmos und das Cinematic Unisystem


Das Genre, für das sich die Bezeichnung "Urban Fantasy" eingebürgert hat (Fantasy/Horror in der Welt unserer Zeit), gehört in Film, TV, Literatur und Rollenspiel von jeher zu meinen Favoriten. Mit anhaltendem Enthusiasmus verschlinge ich z. B. die Romane von Patricia Briggs über die Kojoten-Gestaltwandlerin Mercedes Thompson (ungeachtet ihres Vornamens eine auf VWs spezialisierte Kfz-Mechanikerin) oder Carrie Vaughns Romane über die Radiomoderatorin und Werwölfin Kitty. Wenn "True Blood" im Fernsehen läuft oder "Being Human", sitze ich gespannt davor. Wenn die DVDs oder Blu-rays dazu im Regal stehen, zücke ich die Kreditkarte.


Zu meinen größten Favoriten gehört jedoch der Urban-Fantasy-Kosmos, den Serien- und Filmemacher Joss Whedon (u. a. Firefly, Serenity-Spielfilm, Dollhouse, Avengers) mit "Buffy the Vampire Slayer" und dessen Spin-off "Angel" geschaffen hat. Es sind weniger die Dinge, die den Medienwissenschaftler begeistern (kreatives Storytelling, packende Charaktere, zielgenaue Pointen, die Metapher des Erwachsenwerdens in Buffy und des Erwachsenseins in Angel usw. usf.); für mich ist es vielmehr die pralle Mythologie dieser Serien – neben den genialen Charakteren und dem im Originalton unglaublich pfiffigen Sprachwitz.


Wir finden hier ein Pastiche unserer heutigen Welt, eingebettet in ein Multiversum fantasy-typischer Existenzebenen und Parallelwelten. Einst herrschten Dämonen über die Erde, bis sie von der Menschheit vertrieben wurden. Ehe die letzten Dämonen auf andere Existenzebenen auswanderten, hinterließen sie uns noch das Erbe des Vampirismus. Bis heute leben Dämonenmischlinge unter uns und planen die Völker dieser oder jener Ebene immer wieder gern mal, uns den Planeten unterm Hintern wegzureißen.


In dieser Welt münden Höllenschlünde schon mal in den Bibliotheken von Oberschulen, suchen Magier, Dämonisten, Vampire und andere nach magischen Gegenständen in alten Grüften und kann man aus schimmeligen alten Folianten wirkungsfähige Zaubersprüche extrahieren. Die Öffentlichkeit ist der übernatürlichen Dinge nicht gewahr, aber bestimmte Kreise in Regierungen, Konzernen und Anwaltskanzleien sind es und unterhalten geheime Dienststellen zur Bekämpfung von Monstern, parawissenschaftliche Labors und dämonische Vertragsabteilungen.


Was ich in einem thematisch verwandten Rollenspielsetting, der "World of Darkness", immer vermisst habe, ist die Interaktion der verschiedensten Charaktere und Kreaturen und die Möglichkeiten für Storys und Abenteuer, die sich daraus ergeben. Zu Buffys Truppe gehören im Laufe der Zeit zwei Hexen, zwei Vampire, ein Werwolf und eine Ex-Dämonin. In Angels Spin-off-Serie wird ein ein Vampir im Kampf gegen das Böse im Laufe der Zeit unterstützt durch eine unfreiwillige Seherin, einen gelehrten englischen Okkultisten und "freien Dämonenjäger", einen Halbdämon, einen ehemaligen Vampirjäger, einen Krieger aus einer Schwert-und-Magie-Dämonenebene, eine geniale Wissenschaftlerin und einen stets gut angezogenen dämonischen Clubbesitzer, Sänger und Seher mit grüner Haut und roten Hörnern, genannt der "Gastgeber" oder auch "Krevlorneswath vom Deathwok-Clan".


Eden Studios hat zu beiden Serien, Buffy und Angel, je ein Rollenspiel nach dem Cinematic Unisystem herausgebracht. Dieses legt Wert auf Kompetenz der Charaktere und Rasanz des Spiels. Das Fertigkeitensystem ist z. B. in "Angel" so aufgebaut, wie ich es heute für ideal halte: eine überschaubare Zahl umfassend definierter Fertigkeiten, die im Licht des Charakterkonzepts gesehen werden. Beispiele: Wer als Teilchenbeschleuniger einen hohen Wert in "Science" hat, muss bei der präzisen Artenbestimmung von Schmetterlingen aus dem Amazonasgebiet Abzüge auf seinen Science-Wert hinnehmen. Wer als Balletttänzerin einen hohen Wert in "Art" hat, muss beim Korbflechten oder bei Erstellung einer Video-Installation für Modern-Art-Aficionados Abzüge hinnehmen. Das Prinzip ist leicht verständlich und ähnelt z. B. dem Storytelling-System. Eine der 18 Fertigkeiten ist "Wild Card"; hier kann man einsetzen, was man zur Abrundung eines individuellen Charakterkonzepts zu benötigen meint.


Weitere Highlights des "Angel"-Spielsystems: das flexible Kreaturen-Erschaffungssystem; die Stunts; ein auf Bücher und Rituale gegründetes Magiesystem; die Regeln für Organisationen, komplett mit Einflusssphären, Hauptquartieren und Ressourcen: Im Hinblick auf die Spielbarkeit können die Spielercharaktere umso mehr Punkte aufwenden, je niedriger sie in einer Organisation stehen; konkret bedeutet dies: eine lokale Detektei oder Anwaltskanzlei kann von den Spielercharakteren gegründet und geleitet werden, aber die Ressourcen einer überregionalen oder gar weltweiten Organisation stehen ihnen nur dann zur Verfügung, wenn sie einen ausreichend niedrigen Rang darin bekleiden, um noch persönlich in Einsätze geschickt zu werden, und wenn sie außerdem entsprechende Dienstpflichten eingehen.


Ein gerade perfektes Urban-Fantasy-Rollenspiel.