Night Watch

Day Watch (Night Watch 2: The Chalk of Fate)

Filme von Timur Bekmambetov

Russland 2004/2006

Nach den Wächter-Romanen von Sergej Lukianenko


Vor tausend Jahren standen sich die Mächte des Lichts und der Dunkelheit (zusammengesetzt aus den "Anderen", eine Sammelbezeichnung für jedwede Kreatur mit übernatürlichen Kräften: Vampire, Gestaltwandler, Magier) auf der "Brücke der Gerechtigkeit" in einer blutigen Schlacht gegenüber. Um den Fortgang des Blutvergießens zu stoppen, einigte man sich auf einen Waffenstillstand. Unter Anleitung einer neutralen Inquisition überwachen sich die beiden Seiten gegenseitig. Die "Nachtwache" sind die Polizei der lichten Seite, die das nächtliche Wirken der Dunklen im Auge behält, während die "Tagwache" der Dunklen das Gleiche tagsüber mit dem Treiben der Lichten tut.


Wie eine alte Prophezeiung sagt, wird das Gleichgewicht dereinst kippen, wenn ein ganz besonderer "Anderer" auftaucht und seine Wahl trifft, auf welcher Seite er stehen möchte. Sollte das irgendwann geschehen, kann nur noch die "Kreide des Schicksals" die Fäden der Geschichte soweit wiederherstellen, dass die Welt überlebt.


Die Zentralfigur beider Filme ist Anton Dogoretsky, ein ziemlicher Loser, der seine abgehauene Gattin mit einem Liebeszauber zurückgewinnen möchte. Die dunkle Magierin, an die er sich wendet, verlangt von ihm, die Verantwortung für den Tod des ungeborenen Kindes der Ex zu übernehmen, wie der Liebeszauber ihn nun mal mit sich bringt. Als Anton einwilligt, beginnt das Unheil.


Obwohl das Grundkonzept des Wächter-Zyklus eine leicht überschaubare Gut-Böse-Dichotomie nahelegt, tritt kein einziger Charakter auf, der einer solch schlichten Definition gerecht würde. Noch jedes Arschloch hat hier etwas menschlich Verständliches an sich, und noch jeder Streiter des Lichts ist irgendwo auch ein Arschloch.


Die Schmuddel-Ästhetik, derer sich Timur Bekmambetov in beiden Filmen bedient, ist für auf amerikanische Ware geeichte Filmzuschauer gewöhnungsbedürftig, aber sie spiegelt nun mal sehr gut das Leben und die Welt wieder, wie wir sie täglich als tendenziell etwas unsauber erleben. Der Schnitt ist teilweise grenzwertig hektisch. Laute Rockmusik zu Action-Sequenzen ist nicht mein Ding; hier erwies sich der gelegentliche Griff zu den Volume-Reglern der Fernbedienung als segensreich.


Beide Teile demonstrieren einen hohen Entwicklungsstand von Special-Effects-Technik. Die Einsatzwagen der Nachtwache mit ihren feuerspeienden Boostern im Auspuff sind natürlich sehr cool, und in den Weltuntergangsszenen des zweiten Teils sperrt man selbst als erfahrener Action-Zuschauer das Mundwerk auf, wenn ein solcher Einsatzwagen einen Sattelschlepper von vorn nach hinten komplett durchschlägt. Kaum hat man den Mund wieder zu, stürzt der Fernsehturm längelang in die Stadt. Das kriegen die Amis auch nicht besser hin.


Beeindruckend ist die Menschlichkeit, mit der die durchweg gebrochenen Charaktere in ihren Nöten, ihren Irrungen und Wirrungen und ihrer Hilflosigkeit dargestellt werden. Die Anderen sind schon teilweise sehr mächtig, aber keiner von ihnen ist "cool" oder "slick" in der Ästhetik westlichen Gothic Horrors. Ein Vampir? Ein billiger Friseur oder ein schmuddeliger Metzger. Magier? Unser Anton, oder eine Ärztin, die von den eigenen Kräften nichts ahnt und die Stadt mit ihren Schuldkomplexen in  die Hölle zu zerren droht. Das "Zwielicht", die Schattendimension, durch die sich die Anderen bewegen können ("Gloom" in der englischen Sprachversion)? Hier ist die Welt noch schmuddeliger und verfallener als in der stofflichen Welt.


Im Spiel mit den Fantasy-Motiven wird hier nichts anderes reflektiert als die menschliche Erfahrung und die mit jeder Entscheidung im Leben verbundene moralische Verantwortung. Als Anton zum Ende hin mit der Kreide des Schicksals das schlichte Wort "Nein" an die Wand eines eingestürzten Hauses schreibt, ist es das Nein zu einer egoistischen Entscheidung, einer Entscheidung ohne Empathie, ohne jedes Interesse am anderen (nicht am "Anderen").


Gewöhnungsbedürftig, aber sehenswert.


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Ein paar Gedanken zu

Batman v. Superman - Dawn of Justice

Film von Zack Snyder, USA 2016

Der Vorgängerstreifen MAN OF STEEL ist bei mir durchgefallen: zu viel unnötig am Superman-Mythos herumgepfuscht, zu viel Gedröhn und Geballer. Entsprechend gering waren meine Erwartungen an DAWN OF JUSTICE, aber nachdem ich die Ultimate Edition auf Blu-ray gesehen habe, muss ich gestehen, dass ich mich in den negativen Erwartungen geirrt habe, auch wenn ich damit frontal gegen die internationale Profikritiker-Meinung Stellung beziehe.

Ein paar Kritikpunkte an DAWN OF JUSTICE trotzdem vorneweg. Es wird erst ein kritischer Blick auf die amerikanische Einmischung im afrikanischen Fantasiestaat Nairomi insinuiert, der dann jedoch einer plattitüdenhaften Parteinahme für die Neocon-Linie weicht. Des weiteren ist Zack Snyders Batman zu brutal und zu wenig selbstkritisch. Die Düsterkeit des Ansatzes stört mich nicht, entspricht sie doch sehr den von mir geschätzten New-52-Batman-Comics von Scott Snyder, aber Zack Snyders Batman ist einserseits schon alter Hase in seinem Metier, zugleich aber mühelos manipulierbar und lässt sich spielend leicht von seinen Emotionen überwältigen.

Superman wird hier ein bisschen sympathischer als in MAN OF STEEL dargestellt, und dass er durch eine gewisse Naivität besticht, widerspricht dem traditionellen Mythos nur bedingt. Leider geht auch DAWN OF JUSTICE einen Weg, der mir im Kino schon oft übel aufgestoßen ist: damit der Konflikt eskaliert, reden die Charaktere nicht offen miteinander. Superman warnt Batman, nicht so brutal mit Kriminellen umzugehen, aber er weist ihn nicht auf den von ihm aufgedeckten, von Batman zu verantwortenden Mord an Santos hin, was die Atmosphäre zwischen ihnen hätte reinigen können.

Nun zu den positiven Aspekten. Statt leerem Geballer erhalten wir diesmal eine Auseinandersetzung mit Themen wie messianische Erwartung einerseits, Angst vor allem Fremden andererseits. Wir erleben Manipulation durch Massenmedien und die entsprechenden Ausläuferwellen in Gesellschaft und Politik. Die Bildersprache des Films ist gewaltig und zeigt Anklänge an eine Neo-Noir-Ästhetik. Nicht mal die Kent-Farm bietet noch Zuflucht von der grau-blauen Untermalung des Bösen und der Gefahr; man vergleiche das mit der Ästhetik der Young-Superman-Serie SMALLVILLE, wo die Welten des Clark Kent aufgeteilt sind in eine heimelige rot-gelbe Atmosphäre, in deren Zentrum die Kent-Farm steht, und die grau-blaue Urban-Steel-Welt von Metropolis und der Luthors. Das Heim Martha Kents in DAWN OF JUSTICE hingegen könnte fast genauso gut in der Welt von "Sin City" oder "Die Nacht des Jägers" liegen.

Mit 3 Stunden und 2 Minuten ist die Ultimate Edition des Films noch viel zu kurz. Zu viel (wie Nairomi oder der Fall Santos) wird kurz angesprochen und geht dann in der Götterdämmerung unter. Die Schauspieler schlagen sich ordentlich bis gut. Dieser Batman ist nicht mein Batman, aber er wird von Ben Affleck ausgezeichnet verkörpert. Henry Cavill startet für mich in diesem Film von null auf hundert durch; fand ich ihn in MAN OF STEEL noch öde, so hätte ich ihn hier gern über noch mehr Stunden verteilt viel öfter gesehen.